GESUNDHEIT im Spiegel der HORMONE – VERSTEHEN und UMSETZEN

03 - Welchen Blutspiegel sollte das Sonnenhormon Vitamin D3 haben bzw. welche Empfehlungen gibt es?

Inhaltsverzeichnis

Worum geht es genau?

Hier ist der Bildungsweg vom Sonnenhormon Vitamin D zu sehen. 

n der Haut kann das Prohormon Vitamin D3 (Cholecalciferol) in Abhängigkeit vom Sonnenstand, der Bewölkung, der exponierten Hautfläche, dem Hauttyp und dem Eigenschutz der Haut gebildet werden. Ebenso kann Vitamin D3 auch über Nahrungsmittel oder mit Hilfe von Nahrungsergänzungsmitteln aufgenommen werden. Dieses Prohormon wird weiter in über das Calcidiol in das aktive Hormon Calcitriol umgewandelt.

Bei der Bestimmung des Vitamin D-Spiegels im Blut wird in der Regel die Speicherform Calcidiol nachgewiesen.

Genexpression in Abhängigkeit vom Vitamin D-Spiegel (Dr. Julia Naudszus, nach Shirvani)

7-Dehydrocholesterol
Vorläufer des Cholesterins bzw. Cholesterols, was wiederum Vorläufer der Steroidhormone ist

Prävitamin D3

Prohormon Vitamin D3 – Bildung in der Haut oder Aufnahme über Nahrungsergänzungsmittel
(Cholecalciferol, Calciol)

Speicherform Calcidiol – Bestimmung im Blut
(25(OH)D, 25(OH)Vitamin D3, 25-Hydroxy-Vitamin D3, 25-Hydroxycholecalciferol, Calcifediol)

Sonnenhormon Vitamin D3 – Aktives Hormon
(Calcitriol, 1α,25-Dihydroxycholecalciferol, 1α,25(OH)2Vitamin D3, 1,25(OH)2D3, 1,25-DHCC, Vitamin D)

Was macht das Sonnenhormon Vitamin D3 und in welcher Form wird es in der Regel nachgewiesen?

Die Bezeichnung Vitamin sagt nichts über die weitere Funktion desselben.

Vitamin D3 (Cholecalciferol, Calciol) selbst ist ein Vorläufer-Hormon, welches sich von einer Vorstufe des Cholesterols (7-Dehydrocholesterol) ableitet und damit mit unseren Steroidhormonen, wie Progesteron, Estradiol, Testosteron und Cortisol, verwandt ist. 

Das Vitamin D3 wirkt im Körper in seiner aktiven Hormonform, dem Calcitriol (1α,25-Dihydroxycholecalciferol, 1α,25(OH)₂Vitamin D₃), die Zwischenform ist das Calcidiol (25-Hydroxycholecalciferol, 25(OH)Vitamin D₃).

Dabei hat die Zwischenform Calcidiol eine Halbwertszeit von ca. 2 bis 3 Wochen bzw. 2 bis 4 Monaten im Blut (hier variieren die Angaben in den Quellen), das aktive Hormon Calcitriol von etwa 15 Stunden. Im Blut wird in der Regel der Calcidiol-Spiegel bzw. 25(OH)D-Spiegel bestimmt.

Manche Hormone, wie die Steroidhormone und damit auch das Calcitriol, sind Schlüssel zu unseren Genen bzw. der Erbinformation, also der DNS (Desoxyribonukleinsäure). Sie sorgen dafür, dass Informationen aus der DNS abgelesen und anschließend anhand der Bauanleitung z. B. Körperbausteine oder Enzyme hergestellt werden können. Dabei ist das Sonnenhormon Vitamin D unter anderem ein ganz wichtiger „Schlüssel“ im Bereich des Immunsystems.

Um genau zu sagen, wo man selbst steht, hilft nur eine Vitamin D-Bestimmung im Blut. Wobei eine Einschätzung der Sonnenexposition und die Einnahme von bestimmten Lebensmitteln gute Näherungswerte liefern kann.

Viele Menschen sind immer wieder überrascht, wie niedrig ihr Vitamin D-Spiegel ist, obwohl sie eigentlich ausreichend in der Sonne sind. Ein weiterer Hinweis auf die Vitamin D-Abhängigkeit von Symptomen ist, wenn sich diese in Deutschland ab Mitte/Ende September verstärken und etwa bis März/April/Mai anhalten.

Was ist mit den Gegenspielern vom Sonnenhormon Vitamin D3?

Wenn dein Vitamin D-Spiegel also eigentlich gut ist, deine gesundheitlichen Probleme aber immer noch bestehen, kann es sinnvoll sein, sich die Gegenspieler des Sonnenhormons anzusehen.

Es kommt immer wieder vor, dass Menschen verschiedene Abweichungen in ihren Genen haben, so dass das Sonnenhormon nicht so wirkt, wie es eigentlich sollte. 

Das Parathormon ist ein Gegenspieler vom Sonnenhormon Vitamin D. Dieses steigt, wenn zu wenig Calcium über den Darm aufgenommen wird. Dann wird über das Parathormon vermehrt Calcium aus dem Knochen freigesetzt. Dies ist z. B. einer der Parameter, welcher bei einer Vitamin D-Hochdosistherapie nach dem Coimbra-Protokoll (https://coimbraprotokoll.de/) bei Autoimmunerkrankungen kontrolliert wird.

Hier ist auf jeden Fall der Punkt erreicht, wo du dich an einen fachkundigen Therapeuten wenden solltest.

Bewertung von Vitamin D3-Blutspiegeln bzw. Laboruntersuchungen

Nehmen wir mal an, du lässt einen Laborwert bestimmen. Nun bekommst du ein Ergebnis mit dem Messwert und Grenzwerten. Wenn dein Messwert innerhalb der Grenzbereiche liegt, dann bekommst du die Aussage, alles ist in Ordnung.

Du fühlst dich aber nicht unbedingt in Ordnung. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: es ist nicht der richtige Test gemacht worden, um an den Kern deines Problems zu kommen oder der Laborwert mit seinen Grenzwerten trifft auf dich vielleicht nicht ganz so zu.

Nun stellt sich die Frage, wie die Grenzwerte bestimmt werden.

Zum einen bestimmt man die Laborwerte von vielen gesunden Menschen und schaut, wo die Werte „normal“ liegen. Normal muss dabei aber nicht optimal bedeuten. Auch diese Menschen können schon Abweichungen haben.

Zum Anderen versucht man durch Beobachtungen oder Studien herausbekommen, ab wann es zu Abweichungen bzw. Erkrankungen durch einen Mangel oder Nebenwirkungen durch einen Überschuss kommt. Dies wird häufig in der Schulmedizin gemacht. Die Grenzwerte sind so ausgelegt, dass massive Mängel wie z. B. Rachitis (Vitamin D-Mangel) oder Skorbut (Vitamin C-Mangel) vermieden werden. Vor zu hohen Dosierungen wird häufig Angst gemacht.

Den Bereich dazwischen nennt man therapeutische Breite, dies ist der Abstand zwischen der minimal wirksamen und minimal toxischen Konzentration. Bei Medikamenten würde manchmal eher der Begriff therapeutische Enge passen, den es so aber nicht gibt.

Diesem Bereich zwischen der minimal wirksamen und minimal toxischen Konzentration wird häufig im Bereich der Biobaustoffe, aus denen wir bestehen, nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt bzw. die Bedeutung heruntergespielt.

Es ist eher so: Stell dir vor, du hast eine Pflanze und du sorgst dafür, dass sie nicht vertrocknet oder absäuft, der Bereich dazwischen ist „uninteressant“. 

Nur dass sich in diesem Zwischenbereich blöderweise viel in Richtung von Prävention und Erkrankungen abspielt.

Und dann kann es sein, dass sich Menschen nicht an Laborwerte und Grenzwerte halten. Manche Menschen fühlen sich mit einem bestimmten Wert super, für andere ist es zu viel oder zu wenig.

Deswegen zählt am Ende nicht der Laborwert, sondern der Mensch. Der Mensch und die Gesundheit werden nicht durch Laborwerte definiert.

Was sagen Studien?

In Studien konnte gezeigt werden, dass mit steigendem Vitamin D- Spiegel mehr Gene aktiviert werden (Shirvani et al). Die Ergebnisse dieser Studie sind weiter unten im Text zur Veranschaulichung noch einmal grafisch dargestellt.

Eine andere Studie fand heraus, dass ab einer Konzentration von 50 ng/ml 25(OH)D bzw. Calcidiol das Risiko, an Covid-19 zu versterben, gegen null geht (Borsche et al). Mittlerweile wächst die Anzahl der Studien, welche den Einfluss des Sonnenhormons Vitamin D auf Infekte und Stoffwechselerkrankungen (z. B. Mandal et al, Calder) aufzeigen, immer mehr.

Es gibt natürlich auch Studien, welche zeigen, dass Vitamin D ab einem bestimmten Spiegel keine positive Wirkung mehr hat. Hier macht es Sinn, sich das Studiendesign genau anzusehen. Zumal immer mehr Studien eine Dosis-abhängige Wirkung von Vitamin D auf die Genexpression aufzeigen.

In vielen Studien, welche postulieren, dass Spiegel über 20 bis 30 ng/ml keinen gesundheitlichen Zusatznutzen haben, werden die Dosierungen, wo ein deutlicher gesundheitlicher Effekt zusätzlich zur Verbesserung der Knochengesundheit zu verzeichnen ist, nicht erreicht.

Quellen

Borsche et al. COVID-19 Mortality Risk Correlates Inversely with Vitamin D3 Status and a Mortality Rate Close to Zero Could Theoretically Be Achieved at 50 ng/mL 25(OH)D3: Results of a Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients 2021, 13(10), 3596; https://doi.org/10.3390/nu13103596 (https://www.mdpi.com/2072-6643/13/10/3596)

Calder PC. Nutrition and immunity: lessons for COVID-19. Nutrition and Diabetes. 2021 11:19; https://doi.org/10.1038/s41387-021-00165-0

Mandal SK, et al. COVID-19 infection and metabolic comorbidities: Mitigating role of nutritional sufficiency and drug – nutraceutical combinations of Vitamin D. Human Nutrition & Metabolism. 2023 Mar; 31; https://doi.org/10.1016/j.hnm.2022.200179

Shirvani A, et al. Disassociation of Vitamin D’s Calcemic Activity and Non-calcemic Genomic Activity and Individual Responsiveness: A Randomized Controlled Double Blind Clinical Trial. Sci Rep. 2019 Nov 27;9(1):17685. – https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31776371/

Mist, Studien sind auch nicht immer einfach. Je nach Blickwinkel und Versuchsanordnung können die Ergebnisse durchaus gegensätzlich sein. Jedoch wird es immer deutlicher und ist in aktuellen Studien unbestritten, dass Vitamin D und andere Nährstoffe bzw. Biobaustoffe einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit bzw. auf Krankheit haben.

Wer entscheidet? Du oder jemand Anderes?

Am Ende muss jeder Mensch für sich entscheiden, bei welchem Vitamin D-Spiegel er liegen möchte und womit er sich wohlfühlt. … beziehungsweise rausfinden, wo sein eigener Wohlfühlwert bzw. der eigene optimale Wert liegt. Und dieser Wert hält sich nicht unbedingt an bestehende Ansichten.

Theoretisch haben wir die Freiheit, uns selbst für Gesundheit und Krankheit auf Basis des Grundgesetzes zu entscheiden.

Praktisch darf man anderen Menschen nichts empfehlen, was nicht allgemein schulmedizinisch anerkannt ist oder von einer offiziellen Stelle empfohlen wird. Dabei können diese Ansichten durchaus veraltet oder falsch sein, da das Wissen und die neuen Erkenntnisse sehr schnell anwachsen und im derzeitigen Gesundheitssystem nicht in einer ähnlichen Geschwindigkeit in die Lehre und Praxis übernommen werden bzw. nicht so schnell übernommen werden können.

Außerdem ist bekannt, dass nicht jeder Mensch gleich auf Medikamente reagiert und es auch geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Also ist es logisch, dass Menschen auch Unterschiede bei den optimalen Werten von Biobaustoffen haben.

Die allgemein vertretenen Werte und Empfehlungen werden trotz allem und zum Glück immer wieder von Ärzten, chronisch kranken Menschen (oder einfach so) in Frage gestellt, da sich manche Menschen nicht mit Diagnosen abgefunden haben bzw. abfinden oder eine optimale Gesundheit anstreben.

Entscheidend sind, wie schon vorher ausgeführt, die Wirkung von Vitamin D3 und seinen Abkömmlingen sowie der Blutspiegel von 25(OH)D. Manchmal kann es sinnvoll sein, auch noch die aktive Form von Vitamin D3, das 1,25(OH)2D bzw. Calcitriol, mitzubestimmen. Hier solltest du dich an einen Spezialisten wenden.

Bestimmung des Blutspiegels von Vitamin D bzw. 25(OH)D und Referenzwerte

An dieser Stelle findest du einige Quellen für die offiziell empfohlenen Referenzwerte des 25(OH)D-Serumspiegels sowie Empfehlungen von renommierten Institutionen, Gesellschaften oder Wissenschaftlern bzw. Ärzten und auch neuere Veröffentlichungen und Studien.

Es mag am Anfang etwas verwirrend sein. Um die verschiedenen Ansichten nachvollziehen zu können, kann es aber sehr hilfreich sein, sich die verschiedenen Standpunkte und Empfehlungen anzusehen, sich eine eigene Meinung zu bilden und zu lernen, das Sonnenhormon Vitamin D und seine eigenen Laborwerte in Bezug auf das Vitamin D besser zu verstehen.

Beispiele für Blutspiegelbestimmungen vom Vitamin D bzw. 25(OH)D

Laborwerte können mit unterschiedlichen Einheiten angegeben werden. Theoretisch sollten alle Laborwerte in SI-Einheiten angegeben werden, um eine Vereinheitlichung zu erzielen. Dies ist bei der Bestimmung von Vitamin D in der Regel die SI-Einheit nmol/l (Nanomol pro Liter).

Bestimmung von Vitamin D in nmol pro Liter mit Grenzwerten (Dr. Julia Naudszus)
Viele Labore geben die Vitamin D-Werte mit der konventionellen Einheit ng/ml (Nanogramm pro Milliliter) oder µg/l (Mikrogramm pro Liter) an. Auf diese Einheit beziehen sich viele Empfehlungen. Auf diesen Seiten wird mit der konventionellen Einheit gearbeitet, Umrechnungen sind jedoch immer möglich.
Bestimmung von Vitamin D in µg pro Milliliter mit Grenzwerten (Dr. Julia Naudszus)

SI-Einheiten sind im Internationalen Einheitensystem festgelegte Maßeinheiten für physikalische Größen. Die Stoffmenge mit der Einheit mol ist eine von den SI-Basiseinheiten.

Allgemeine Grenzwerte und Empfehlungen aus Veröffentlichungen für den Serumblutspiegel von 25(OH)D

Hier sind jetzt die Empfehlungen von verschiedenen Institutionen aufgeführt. Als Referenzen dienen häufig Veröffentlichungen vom Office of Dietary Supplements von den National Institutes of Health (NIH), der National Academy of Medicine (NAM, früher IOM), der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) oder dem Robert-Koch-Institut (RKI).

Nach diesen offiziellen Angaben richten sich viele Labore bei den Angaben der Grenzwerte und Normbereiche.

Dabei sollte man die neueren Forschungsergebnisse mit im Blick behalten, wie z. B. die Studie von Borsche et al.:

COVID-19 Mortality Risk Correlates Inversely with Vitamin D3 Status and a Mortality Rate Close to Zero Could Theoretically Be Achieved at 50 ng/mL 25(OH)D3: Results of a Systematic Review and Meta-Analysis

Zu Deutsch: Das COVID-19-Sterblichkeitsrisiko korreliert umgekehrt mit dem Vitamin D3-Status und eine Sterblichkeitsrate nahe Null könnte theoretisch bei 50 ng/ml 25(OH)D3 erreicht werden: Ergebnisse einer systematischen Überprüfung und Metaanalyse.

Quelle: Borsche et al. COVID-19 Mortality Risk Correlates Inversely with Vitamin D3 Status and a Mortality Rate Close to Zero Could Theoretically Be Achieved at 50 ng/mL 25(OH)D3: Results of a Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients 2021, 13(10), 3596; https://doi.org/10.3390/nu13103596 (https://www.mdpi.com/2072-6643/13/10/3596)

USA - Office of Dietary Supplements (National Institutes of Health, NIH)

Das NIH hat auf seiner Webseite ein Datenblatt zum Vitamin D veröffentlicht, wo auch Referenzbereiche für Vitamin D angegeben sind.

25(OH)D in nmol/l 25(OH)D in ng/ml bzw. µg/l Beurteilung des Vitamin D-Spiegels
< 30 < 12 Verbunden mit Vitamin-D-Mangel, der bei Säuglingen und Kindern zu Rachitis und bei Erwachsenen zu Osteomalazie (Knochenerweichung) führen kann
30 bis < 50 12 bis < 20 Im Allgemeinen als unzureichend für die Knochengesundheit und die allgemeine Gesundheit gesunder Personen angesehen
≥ 50 ≥ 20 Wird allgemein als ausreichend für die Knochen- und allgemeine Gesundheit gesunder Personen angesehen
> 125 > 50 Verbunden mit potenziellen Nebenwirkungen, insbesondere bei >150 nmol/L (>60 ng/ml)
Quelle: Vitamin D – Fact Sheet for Health Professionals, Stand: August 2022, abgerufen am 27.05.2023 – https://ods.od.nih.gov/factsheets/VitaminD-HealthProfessional/

USA - National Academy of Medicine (NAM), früher Institute of Medicine (IOM)

International und auch in Deutschland wird häufig Bezug auf die Klassifikation der US-amerikanischen National Academy of Medicine (NAM, früher:  Institute of Medicine, IOM) genommen.

Der „Ausschuss zur Überprüfung der Referenzmengen für Vitamin d und Kalzium über die Nahrung“ (Food and Nutrition Board) hatte 2011 die ihm damals vorliegenden Daten überprüft und Referenzbereiche in Bezug auf die Knochengesundheit vorgeschlagen. Gleichzeitig wurde angemerkt, dass es noch nicht ausreichend evidenzbasierte Daten gibt.

25(OH)D in nmol/l 25(OH)D in ng/ml bzw. µg/l Beurteilung des Vitamin D-Spiegels
< 30 < 12 Die Überprüfung der Daten durch den Ausschuss legt nahe, dass Personen in Bezug auf die Knochengesundheit gefährdet sind.
30 bis < 50 12 bis < 20 Bei einigen, aber nicht allen Personen besteht das Risiko einer Unterversorgung mit Vitamin D in Bezug auf die Knochengesundheit.
≥ 50 ≥ 20 Bei praktisch allen Personen ist ein 25(OH)D-Serumspiegel von 50 nmol/l ausreichen.
> 75 > 30 25(OH)D-Serumkonzentration von mehr als 75 nmol/l sind nicht durchgängig mit einem erhöhten Nutzen verbunden.
> 125 > 50 Möglicherweise besteht Grund zur Besorgnis.

Quelle: Institute of Medicine (US) Committee to Review Dietary Reference Intakes for Vitamin D and Calcium; Ross AC, Taylor CL, Yaktine AL, et al., editors. Dietary Reference Intakes for Calcium and Vitamin D. Washington (DC): National Academies Press (US); 2011. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK56070/ doi: 10.17226/13050

Warum die Empfehlungen vom NAM (früher IOM) für Vitamin D mangelhaft sind - Veröffentlichung von Jeaney und Holick, 2011

In der Veröffentlichung „Why the IOM recommandations for vitamin D are deficient“ führen Robert Heaney und Michael Holick an, warum sie nicht den Empfehlungen der NAM folgen. Ein wesentlicher Punkt ist, dass sie die Normalwerte an den normalen Werten von Menschen in ihrer ursprünglichen natürlichen Umgebung orientieren sollten. Diese Werte liegen bei Naturvölkern bei 40 bis 80 ng/ml (100 bis 200 nmol/l).

Quelle: Heaney et al. Why the IOM recommendation for vitamin are deficient. J Bone Miner Res. 2011 Mar;26(3):455-7. doi: 10.1002/jbmr.328. – https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21337617/

Deutschland - Robert-Koch-Institut (RKI)

Das RKI verwendet für die Beurteilung des Vitamin D-Spiegels die Klassifikation der National Academy of Medicine (NAM, früher:  Institute of Medicine, IOM).

25(OH)D in nmol/l 25(OH)D in ng/ml bzw. µg/l Beurteilung des Vitamin D-Spiegels
< 30 < 12 Mangelhafte Versorgung mit einem erhöhten Risiko für Krankheiten wie Rachitis, Osteomalazie und Osteoporose.
30 bis < 50 12 bis < 20 Suboptimale Versorgung mit möglichen Folgen für die Knochengesundheit.
50 bis < 75 20 bis < 30 Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit.
75 bis < 125 30 bis < 50 Ausreichende Versorgung in Bezug auf die Knochengesundheit ohne weiteren Zusatznutzen für die Gesundheit.
> 125 > 50 Mögliche Überversorgung, die für den Körper negative gesundheitliche Folgen haben kann, zum Beispiel Hyperkalzämien, die zu Herzrhythmusstörungen oder Nierensteinen führen können.

Eine der Aufgaben des RKI ist die regelmäßige Erhebung von Daten zur gesundheitlichen Lage der in Deutschland lebenden Bevölkerung.

In der Quer- und Längsschnittstudie DEGS1 (Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland, 2008 bis 2011) wurden auch die 25(OH)D-Serumspiegel von 6995 Teilnehmenden im Alter von 18 bis 79 Jahren bestimmt.

Ein Ergebnis war, wie zu erwarten, dass im Sommer die Serumspiegel am höchsten, im Winter am niedrigsten waren.

Bei der Einschätzung der Ergebnisse bzw. des Diagramms sollte man beachten, dass sich die Referenzwerte eher auf die Knochengesundheit beziehen und das Sonnenhormon Vitamin D mit steigenden Spiegeln eine steigende Anzahl an Genen aktiviert und damit noch eine Vielzahl an weiteren Wirkungen hat (Shirvani et al). Unter anderem spielt es eine wesentliche Rolle im Immunsystem. Würde man also die Grenzwerte für eine ausreichende Versorgung weiter nach oben verschieben, wären noch mehr Menschen im Mangel.

Quellen

Rabenberg et al. Vitamin-D-Status in Deutschland, Journal of Health Monitoring. 2016 1(2). DOI 10.17886/RKI-GBE-2016-036 – Link zum Dokument

RKI. Antworten des Robert-Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D, Stand 25.01.2019, abgerufen am 27.05.2023 – https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/Vitamin_D/Vitamin_D_FAQ-Liste.html

Shirvani A, et al. Disassociation of Vitamin D’s Calcemic Activity and Non-calcemic Genomic Activity and Individual Responsiveness: A Randomized Controlled Double Blind Clinical Trial. Sci Rep. 2019 Nov 27;9(1):17685. – https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31776371/

Deutschland - Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE)

25(OH)D in nmol/l 25(OH)D in ng/ml bzw. µg/l Beurteilung des Vitamin D-Spiegels
< 25 bis 30 < 10 bis 12 Mangelhafte Vitamin D-Versorgung
≥ 50 ≥ 20 Optimaler Bereich

Quelle: Vitamin D, Gemeinsam FAQ des BfR, der DGE und des MRI vom 22.10.2012, abgerufen am 27.05.2023 – https://www.dge.de/gesunde-ernaehrung/faq/vitamin-d/

Referenzwerte nach der Endocrine Society

Die Endocrine Society ist eine globale Gemeinschaft von Ärzten und Wissenschaftlern, die sich der Beschleunigung wissenschaftlicher Durchbrüche und der Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Patienten verschrieben hat.

25(OH)D in nmol/l 25(OH)D in ng/ml bzw. µg/l Beurteilung des Vitamin D-Spiegels
< 50 < 20 Vitamin D-Mangel
51 bis 74 21 bis 29 Mäßiger Vitamin D-Mangel (Vitamin D-Insuffizienz)
75 bis 250 30 bis 100 Ausreichender Vitamin D-Spiegel
> 375 > 150 Grenzbereich zur Intoxikation
Quelle: Holick MF, Binkley NC, Bischoff-Ferrari HA, Gordon CM, Hanley DA, Heaney RP, Murad MH, Weaver CM; Endocrine Society. Evaluation, treatment, and prevention of vitamin D deficiency: an Endocrine Society clinical practice guideline. J Clin Endocrinol Metab. 2011 Jul;96(7):1911-30. doi: 10.1210/jc.2011-0385. Epub 2011 Jun 6. Erratum in: J Clin Endocrinol Metab. 2011 Dec;96(12):3908. PMID: 21646368.

Referenzwerte nach Michael F. Holick und Uwe Gröber

der US-amerikanische Arzt, Biochemiker (MD, PhD) und Professor für Pharmakologie, Physiologie und Biophysik Michael F. Holick beschäftigt sich seit über 50 Jahren mit der Vitamin D-Forschung. Er hat unter anderem beim Vitamin D die Speicherform Calcidiol und die aktive Form Calcitriol identifiziert. Er hat über 400 „peer-reviewed“ Artikel (durch unabhängige Gutachter oder Wissenschaftler des selben Fachgebiets bewertete wissenschaftliche Arbeit), über 200 rezensierte (begutachtete) Artikel, zahlreiche Buchkapitel verfasst.

Uwe Gröber ist als Apotheker und Mikronährstoffexperte Leiter der Akademie der Mikronährstoffmedizin in Essen. Er hat zahlreiche Publikationen und Bücher veröffentlicht, ist Mitherausgeber der Zeitschrift Orthomolekulare Medizin sowie Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Prävention und integrative Medizin in der Onkologie (PRIO) der Deutschen Krebsgesellschaft. Er führt europaweit Fortbildungen für Ärzte, Apotheker und Ernährungswissenschaftler durch.

Diese beiden Wissenschaftler haben zusammen basierend auf ihren langjährigen Erfahrungen das sehr umfangreiche Buch „Vitamin D – Die Heilkraft des Sonnenvitamins“ veröffentlicht, welches mittlerweile 2020 in der vierten überarbeiteten Auflage erschienen ist.

25(OH)D in nmol/l 25(OH)D in ng/ml bzw. µg/l Beurteilung des Vitamin D-Spiegels
< 25 < 10 Schwerer Vitamin D-Mangel
Symptome und Folgen: Rachitis, Osteomalazie, Muskelschwäche, Muskelschmerzen, gestörte Kalziumaufnahme, unzureichende Bildung von Kalzium-Phosphat-Produkten, schwerer Hyperparathyreoidismus, Störungen des Immun- Herz-Kreislauf-Systems, erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen, erhöhte allgemeine Sterblichkeit
25 bis 50 10 bis 20 Ausgeprägter Vitamin D-Mangel
Symptome und Folgen: Verringerte Knochendichte, Störungen der Muskelfunktion, niedrige Kalziumaufnahme, erhöhte Parathormonspiegel, Störungen des Immun- und Herz-Kreislauf-Systems, erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen, erhöhte allgemeine Sterblichkeit
51 bis 74 21 bis 29 Mäßiger Vitamin D-Mangel (Vitamin D-Insuffizienz)
Niedrige Vitamin D-Speicher im Körper, erniedrigte Kalziumaufnahme, leicht erhöhte Parathormonspiegel, Störungen des Immun- und Herz-Kreislauf-Systems, erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen, erhöhte allgemeine Sterblichkeit
≥ 75 ≥ 30 Normaler Vitamin D-Status
75 bis 150 30 bis 60 Zielwert
100 bis 150 40 - 60 Idealer Vitamin D-Status
75 bis 250 30 bis 100 Referenzbereich
> 375 > 150 Grenzbereich zur Intoxikation

Dosisabhängige Aktivität vom Vitamin D - Spannende Erkenntnisse aus einer randomisierten, kontrollierten Doppelblindstudie von 2019

Shirvani et al veröffentlichten 2019 eine kontrollierte Doppelblindstudie, in welcher die Studienteilnehmer über 6 Monate täglich 600, 4.000 oder 10.000 IE Vitamin D einnahmen. In dieser Zeit wurden regelmäßig die Blutspiegel vom Vitamin D, dem Parathormon und vom Calcium kontrolliert. Am Anfang und am Ende der Studie wurde die Genexpression in weißen Blutkörperchen untersucht.

Dabei konnte gezeigt werden, dass mit steigenden Vitamin D-Spiegeln mehr Gene beeinflusst wurden. Dies betraf auch Gene, welche in der Epigenetik eine wichtige Rolle spielen.

So wurden nach der Gabe von 4.000 IE Vitamin D täglich doppelt so viele Gene und nach der Gabe von 10.000 IE Vitamin D achtmal so viele Gene im Vergleich zur Gabe von 600 IE in ihrer Expression beeinflusst.

Weiße Blutkörperchen oder Leukozyten sind eine Mischung von Lymphozyten, zu denen B-Lymphozyten, T-Lymphozyten und NK-Zellen (Natürliche Killerzellen) sowie Monozyten (Vorläufer der Makrophagen), dendritischen Zellen, Mastzellen und Granulozyten, bei denen wiederum neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten unterschieden werden.

Genexpression in Abhängigkeit vom Vitamin D-Spiegel (Dr. Julia Naudszus, nach Shirvani)
Genexpression in Abhängigkeit vom Vitamin D-Spiegel (Dr. Julia Naudszus, nach Shirvani)

In diesem Diagramm ist nur die Genexpression dargestellt.

Genexpression in Abhängigkeit vom Vitamin D-Spiegel (Dr. Julia Naudszus, nach Shirvani)
Genexpression in Abhängigkeit vom Vitamin D-Spiegel (Dr. Julia Naudszus, nach Shirvani)

Dies könnte auch eine Erklärung dafür sein, dass die Meinung vertreten wird, oberhalb eines Vitamin D-Blutspiegels von 30 ng/ml gäbe es keine nennenswerten Zusatznutzen für die Gesundheit des Menschen, da in Studien häufig eher niedrige Dosierungen an Vitamin D eingesetzt wurden bzw. werden, da die allgemeinen Empfehlungen relativ niedrig angesetzt sind.

Die Studie von Shirvani et al konnte jedoch zeigen, dass es jenseits des als ausreichend deklarierten Vitamin D-Spiegels von 20 oder 30 ng/ml einen durchaus erheblichen gesundheitlichen Zusatznutzen geben kann. Dies passt wiederum zu den Studien, welche zeigen konnten, dass Vitamin D eine große Rolle bei verschiedenen Erkrankungen, Infekten und Krebs spielt.

Dabei sollte man nicht außer acht lassen, dass sich die Dosierung von Vitamin D, wie in der Humanmedizin allgemein üblich, nicht am Körpergewicht orientiert hat, auch wenn die Studienteilnehmer neben einigen Kriterien auch einen BMI von unter 30 kg/m2 haben mussten.

Quelle: Shirvani A, et al. Disassociation of Vitamin D’s Calcemic Activity and Non-calcemic Genomic Activity and Individual Responsiveness: A Randomized Controlled Double Blind Clinical Trial. Sci Rep. 2019 Nov 27;9(1):17685. – https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31776371/

Wie ist der Umrechnungsfaktor vom Vitamin D (25(OH)D oder Calcidiol) von µg/l bzw. ng/ml in nmol/l und umgekehrt?

Über den Daumen gerechnet entspricht die Menge an 25(OH)D (Calcidiol) in nmol/l dem zweieinhalbfachen der gemessenen Menge in ng/ml bzw. µg/l. Umgekehrt rechnet man die Menge an 25(OH)D in nmol/l durch 2,5 und erhält dann die ungefähre Menge in ng/ml oder µg/l.

Genau gerechnet kommt man z. B. auf folgende Werte:

  • 1 ng/ml oder 1µg/l 25(OH)D bzw. Calcidiol entsprechen 2,456 nmol/l 25(OH)D bzw. Calcidiol
  • 10 ng/ml oder 10 µg/l 25(OH)D bzw. Calcidiol entsprechen 24,56 nmol/l 25(OH)D bzw. Calcidiol
  • 100 ng/ml oder 100 µg/l 25(OH)D bzw. Calcidiol entsprechen 245,6 nmol/l 25(OH)D bzw. Calcidiol
 

Umrechnung des Vitamin D-Spiegel (25(OH)D oder Calcidiol): µg/l - ng/ml - nmol/l

Im Sommer kann der Mensch selbst Vitamin D bilden. Wenn 25 % des Körpers der Sonne ausgesetzt ist und man ein Viertel bis zur Hälfte der Zeit, nach der man einen leichte Rötung der Haut bekommt (MED, minimale Erythemdosis), in der Sonne war, dann bildet man etwa 2000 IE.

Wenn 50 bis 100 % des Körpers der Sonne ausgesetzt sind und man am nächsten Tag eine leichte Rötung der Haut bekommt, kann man 10.000 bis 20.000 IE Vitamin D3 bilden.

03 - Welchen Blutspiegel sollte das Sonnenhormon Vitamin D3 haben bzw. welche Empfehlungen gibt es?